Mietshaus von Karel Zejda

Přerov

 

Das Mietsreihenhaus vom Besitzer einer Lederwarenfabrik gehört dank seiner eleganten Form, exklusiven Materialien und innovativen Gestaltung der Innendisposition zu den besten Bauten seiner Typologie nicht nur auf unserem Gebiet. Es ragt auch aus dem Kontext des weiteren Schaffens des Ehepaares Oehler heraus, das die Zusammenarbeit mit Karel Zejda, einem aufgeklärten Bauherrn, bereits während ihrer früheren gemeinsamen Projekte sehr geschätzt hatte. 

„Eine tiefe menschliche Beziehung zwischen dem Bauherrn und dem Schöpfer seines Bauwerkes“, welches für die Arbeit des Ehepaares Oehler so grundsätzlich war, versprach ein hervorragendes Ergebnis. Das Autorenpaar bewies sich bei Zejda dank den verfeinerten Projekten für die Fertigstellung des Fabrikhauptgebäudes und für den Neubau des Administrativpavillons seines Unternehmens KAZETO in Intentionen des emotionellen „weißen“ Funktionalismus. Deshalb vertraute er den Entwurf eines Mietshauses mit eigener Wohnung, der für eine Parzelle in der „modernisierten“ Bartošova-Straße unweit des Stadtzentrums bestimmt war, welche es anstrebte – der zeitgenössischen Presse nach – eine Straße großstädtischen Charakters zu werden, natürlich den Oehlers an. Das auf den ersten Blick überraschende Vorhaben des überaus prosperierenden Unternehmers sich nicht in eigener Villa niederzulassen, sondern in einem Mietsreihenhaus, umgeben von Nachbaren, aber im Zentrum des Stadtgeschehens anwesend, war zu seiner Zeit nicht vereinzelt, wie beispielsweise die Umsetzungen von Adolf Loos für die wohlhabende Klientel in Pilsen bezeugen. Die einfallsreiche Dispositionsgestaltung des Hauses mit einer Maisonette-Wohnung des Investors brachte trotzdem de facto eine „Villa im Haus“, und somit auch einen ausreichenden Komfort für seine Benutzer. 

Die Exklusivität des Hauses wurde bereits durch die Straßenvorderfront verkündet, deren zart wirkende, reich verglaste abgestufte Fassade mit Balkons und Wintergärten eine luxuriöse Travertin-Verkleidung gewann. Das verknüpfte erste und zweite Stockwerk von Zejdas Wohnung schloss sich an die Keller und das Erdgeschoss mit zwei Wohnungen an; das dritte und vierte Stockwerk enthielten je ein Paar von Zweizimmerwohnungen; das höchste zurückgewichene Geschoss wurde durch eine Terrasse ergänzt. Quer durch das ganze Haus führte ein elektrischer Aufzug und ein durch Glasbetonfläche in der Oberseite der Hoffassade beleuchtetes Treppenhaus. 

Den Zentralteil von Zejdas Wohnung bildete ein geräumiger, teilweise als Halle gestalteter Gesellschaftsraum mit einer Galerie, den ein ins Zentrum des Zimmers eingezogener Kamin und ein großes die gesamte Höhe von zwei Stockwerken einnehmendes Buntglas mit einem Figuralthema dominieren. Die Wohnung verfügte des Weiteren über ein luxuriös eingerichtetes Wohnzimmer mit einem mandorlaförmigem Hoferker, der teilweise verglast war und mithilfe einer Außenwendeltreppe den Zugang in den Garten innerhalb des Blocks ermöglichte. Die weiteren Räume waren durch geräumige Fenster, und im Falle vom Speisezimmer im unteren und vom Schlafzimmer im oberen Geschoss durch Wintergärten aufgelichtet.    

Nachdem das Haus in Volkseigentum überführt worden war, wurde die Wohnung in fünf selbstständige Einheiten geteilt, in authentischer Form blieben nur einige ihre Teile erhalten (Treppenhaushalle mit Kamingesims und Buntglas, Teile der Holzverkleidung). Dennoch steht das Haus seit 1995 unter Denkmalschutz; zwischen 2003 und 2004 wurde die Travertin-Verkleidung der Fassade ausgetauscht. 

AW (Übersetzung HJM)


 

Literaturauswahl

Martina Mertová, Proměny Přerova mezi dvěma světovými válkami aneb Jak si vedli domácí a jak hosté v napínavém architektonickém zápasu, in: Jan Janák – Jan Jeništa – Klára Jeništová et al., Kapitoly z výtvarné kultury města Přerova:  Architektura, výtvarné realizace, design, Přerov 2016, S. 8–23.

Petr Pelčák – Vladimír Šlapeta – Ivan Wahla (Hrsg.), Elly Oehler/Olárová – Oskar Oehler/Olár. Architektonické dílo (Ausstellungskatalog), Brno – Olomouc 2007.

Michal Kohout – Stephan Stempel – Pavel Zatloukal (Hg.), Česká republika. Architektura XX. století. Morava a Slezsko, Praha 2005, S. 263, 285.

VV [Vladislava Valchářová], Elly Sonnenschein-Oehler (Olárová), in: Machonin Jan – Ryndová Soňa – Valchářová Vladislava – Vinterová Alena (Hg.), Povolání: architekt[ka] (Ausstellungskatalog), Nová síň, Praha 2003, S. 88.


Quellen

Činžovní dům, Památkový kataloghttps://pamatkovykatalog.cz/cinzovni-dum-12233208, vyhledáno 23. 1. 2024.

Martina Horáčková, Architektura střední Moravy, 1918–1945: Přerov, Kroměříž, Bystřice pod Hostýnem, Holešov, Kojetín (Diplomarbeit), Lehrstuhl für Kunsttheorie und –Geschichte FFUP, Olomouc 2004, S. 69–70.